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[DIY How-To elektronic] Platinen selbst herstellen

Scynd

1. Platz Enermax Casecon Contest

  • »Scynd« ist der Autor dieses Themas

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Sonntag, 15. Februar 2015, 21:38

Platinen selbst herstellen




Wenn man einmal angefangen hat Schaltungen selbst zu entwerfen, sei es für den Arduino oder einfach so, kommt irgendwann der Punkt, an dem man selbst eine Platine ätzen will. Der Vorteil einer geätzten Platine gegenüber einer Lochrasterplatine ist, dass man eine komplexere Schaltung aufbauen kann, es viel sauberer aussieht und man auch SMD Bauteile verwenden kann.

Der erste Schritt für die Herstellung einer Platine ist das erstellen des Layouts. Das könnt ihr z.B. mit der kostenfreien Version von Eagle tun. Alternativ finde ich auch Sprint Layout sehr gut und einsteiger freundlich. Allerdings ist es nicht kostenlos, aber auch wirklich nicht teuer.
Ich gehe aber in diesem Tutorial nicht auf das erstellen eines Layouts ein, da ihr dafür im Netz auch haufenweise gute Anleitungen findet.



Verschiedene Methoden

Es gibt zwei Möglichkeiten, wie man nun sein Layout auf die Platine bekommt.

1. Direkt-Toner-Methode
Hier wird das Layout mit einem Laserdrucker auf beschichtetes Papier (z.B. eine Seite aus dem Reichelt Katalog) gedruckt und dann mit einem Bügeleisen auf die Platine aufgebügelt. Bei dieser Mothode wird eine Epoxyd Platine mit Kupferbeschichtung, ohne Fotolack (z.B. Reichelt EPCU 160X100 ) verwendet. Wenn der Toner auf die Kupferseite übertragen wurde, schützt er das Kupfer beim ätzen und so bleibt das Layout auf der Platine erhalten.

2. Fotopositive-Methode (UV Belichtung)
Bei diesem Verfahren wird wird das Layout mit einem Laser oder Tintenstrahldrucker auf eine Overhead Folie gedruckt und auf eine Epoxyd Platine mit Fotobeschichteter Kupferschicht (z.B. Reichelt BEL 160X100-1) übertragen. Die Fotoschicht wird mittels UV Licht und der Overheadfolie "belichtet" und kann dann mit Entwickler behandelt werden bevor die Platine final geätzt wird.


Ich widme mich aber im Tutorial der zweiten Methode, da ich persönlich keine so guten Ergebnisse mit der Direkt-Toner-Methode erzielt habe. Das kann aber an meinem Laserdrucker, am verwendeten Papier oder der Temperatur des Bügeleisens liegen.
Falls ihr lieber die Direkt-Toner-Methode testen wollt, gibt es hier ein gutes Tutorial.
Alternative gibt es hier noch eine Methode mit Overhead Folie und aufbügel. Das habe ich selbst aber nie getestet.



Teileliste
Overhead Folie (gibts auch bei Reichelt , aber teurer)
UV Belichtungsgerät (Es gibt sehr viele Anleitungen im Netz, um das günstig selbst zu bauen)
Epoxyd Platine mit Fotolack (ich rate zu Qualitätsplatinen von Bungard)
Thermometer
Glasschüssel oder Kunststoffschüssel über Wasserbad
Aceton (gibts im Baumarkt)
Gummihandschuhe
Schutzbrille



ACHTUNG!!!

Sicherheit
Beim Arbeiten mit Chemikalien sollte man sich dessen bewusst sein, was man tut. Man sollte immer seine Augen schützen. Durch den Umgang mit Oxidationsmitteln (Ätzmittel) und Laugen (Entwickler) sind die Hände ebenfalls gefährdet und sollten durch Gummihandschuhe (Einmalhandschuhe) geschützt werden! Bitte beachtet die Sicherheitshinweise auf den Verpackungen der Chemikalien genau. Es ist auch ratsam seine Kleidung zu schützen, da diese bei Kontakt mit Chemikalien Schaden nehmen kann.

Entsorgung
Wohin am Ende mit den verbrauchten Chemikalien? In vielen Fällen gibt es in der Nähe eine Schadstoffannahmestelle der Städte und Landkreise. Außerdem fahren vielerorts Schadstoffsammelmobile mehrmals im Jahr durch die Ortschaften. Termine werden in den Tageszeitungen bekannt gegeben. Gibt es keine solche Annahmestelle, dann bleibt nur die teure Entsorgung als Sondermüll.



1. Layout ausdrucken

Um später ein gutes Belichtungsbild zu erhalten, ist ein ordentlicher Layout-Ausdruck unverzichtbar. Das kann allerdings ein paar Anläufe brauchen.
Zuerst müsst ihr die Optionen eures Druckers anpassen.
  • Eine möglichst hohe Auflösung( hohe DPI Zahl) ist wichtig um feine Strukturen sauber darstellen zu können
  • Die Papiersorte sollte auf Folie umgestellt sein
  • Das Layout muss möglichst Blickdicht sein. Dazu ist es oft nötig den Tonerauftrag, also die Menge des verwendeten Toners zu erhöhen.
Bei den Einstellungen müsst ihr evtl. etwas spielen, da jeder Drucker und Toner anders ist.

Wenn der Ausdruck nicht ganz blickdicht wird, druckt es am besten zwei mal aus und schneidet sie zu.
Jetzt muss man die Layouts ganz genau übereinander legen und sie mit Tesa gegen Verrutschen fixieren. So sollte das Ergebnis auch stimmen. (Mein Drucker bekommt es auch nicht ganz Blickdicht und ich verwende ein zweilagiges Layout).





2. Platine belichten

Legt das Layout in den UV Belichter. Achtet darauf das ihr es richtig herum einlegt. Es muss SPIEGELVERKEHRT auf die Platine aufgebracht werden.



Nun kann die Schutzfolie von Platine entfernt werden und mit der Kupferseite genau auf dem Layout ausgerichtet werden. Achtet darauf, dass die Platine genug Anpressdruck auf das Layout hat, damit das Belichtungsbild nachher sauber ist, ggf die Platine mit etwas beschweren.



Die Belichtungszeit hängt von eurem Belichtungsgerät ab, das müsst ihr das erste mal testen. Bei mir sind es ca. 3 Minuten.



3. Entwicklerbad

Bereitet euch am besten vor dem Belichten das Entwicklerbad vor. Mischt dazu nach Herstellerangaben das Ätznatron mit Wasser an und gebt soviel in eine Schüssel, dass die Platine nachher bedeckt ist. Das Entwicklerbad sollte eine Temperatur von 20 - 25°C haben.



Überschüssigen, ungebrauchten Entwickler könnt ihr ohne Probleme in einem Einmachglas mit Deckel aufbewahren. Achtet aber darauf, dass das Glas immer verschlossen ist, da der Entwickler Wasser zieht und sonst unbrauchbar wird.



4. Platine entwickeln

Legt nun die Belichtete Platine mit der Kupferseite nach oben in das Entwicklerbad. Nach kurzer Zeit sollte das Layout sichtbar werden.



Die Platine muss immer ein bisschen bewegt werden, damit der Fotolack weggespült wird. Nach ca. 1-2 Minuten sollte das blanke Kupfer an den belichteten Stellen zu sehen sein.



Jetzt kann die Platine entnommen werden und unter fließendem Wasser abgewaschen werden.





5. Ätzbad

Als Ätzmittel nehme ich Natriumpersulfat, da es klar und einfach zu handhaben ist. Ich benutze einen Glasmessbecher, den ich in einem Wasserbad erhitze und auf Temperatur halte.
Jetzt wird das Ätzbad nach Herstellerangaben angerührt. Ein halber Liter sollte locker reichen, je nachdem was für ein Gefäß man benutzt (ich habe ca. 250ml benutzt). Die Platine muss dabei komplett im Ätzbad versinken können. Nun muss es noch auf auf 40 - 50°C erwärmt werden. Am besten nehmt ihr ein Glasthermometer um die Temperatur zu überwachen (ich habe mir zur Temperaturkontrolle ein Thermometer aus einem Ardruino, einem DS18B20 Temperatursensor den ich Ätzmittelsresisten gemacht habe und einem LCD Display gebastelt).


Nicht wundern warum meine Ätzflüssigkeit blau ist, ich habe keine frische angemischt, sondern schon einmal benutzte verwendet. Durch das gelöste Kupfer wird sie blau.
Die Gabeln sind nur als Abstandshalter unter dem Glasmessbecher, damit er nicht unten im Topf aufsitzt. ;)



6.Platine ätzen

Die Platine kann jetzt mit der Kupferseite nach oben in das Ätzbad gelegt werden. Die Ätzzeit kann so schon gute 30 Minuten dauern.
Kontrolliert immer wieder wie weit die Platine ist und bewegt sie etwas im Ätzbad, damit das Kupfer weggespült wird.


Ist die Platine fertig geätzt, spült man sie ordentlich mit lauwarmen Wasser ab und trocknet sie.



Ich bewahre das gebrauchte Ätzmittel in einer Glasflasche mit Deckel auf. Aber Achtung, man kann es nicht beliebig oft verwenden.





7. Löcher bohren

Nun werden noch die Löcher für die Bauteile gebohrt. Normalerweise nimmt man dafür einen 0,8mm Bohrer.
Ich mache das ganze immer mit meinem Dremel und dem passendem Bohrständer.


Zum Schluss ,muss noch der restliche Fotolack, der sich auf den Leiterbahnen befindet gründlich entfernt werden, da sich sonst das Lötzinn nicht mit der Kupferschicht verbindet. Das macht man am besten mit Aceton und einem Lappen. Alternativ kann man ihn auch vorsichtig mit Stahlwolle abschleifen.
So, das war es auch eigentlich schon. Nun kann man seine selbst geätzte Platine bestücken.



Dann wünsche ich euch viel Spaß beim Platinen herstellen :thumbsup:
Falls ihr noch Fragen oder Anmerkungen habt, immer raus damit!


Dieser Beitrag wurde bereits 42 mal editiert, zuletzt von »Scynd« (16. Februar 2015, 08:36)


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Sonntag, 15. Februar 2015, 21:40

Schönes HowTo! Danke Scynd!

Das hat hier wirklich noch gefehlt!

So long :0)
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Sonntag, 15. Februar 2015, 22:27

genau das richtige how-to für mein projekt und meine bachelor thesis :D
danke dafür!

grüße

Scynd

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Sonntag, 15. Februar 2015, 22:34

Freut mich das es euch gefällt und das ich helfen kann ^^


ringo

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Mittwoch, 18. Februar 2015, 20:09

Schönes How to

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Sonntag, 8. März 2015, 14:59

Sehr nützlich How-to, vielen Dank dafür! :)

Verwendete Tags

ätzen, belichten, Platine